... da wird einem so einiges klar. Zum Beispiel, dass man keinen Bock mehr hat auf seinen Minderwertigkeitskomplex.
Was ist geschehen? Ich habe nach Salzgras und Lavendel ein zweites Buch geschrieben. Das hat nicht 6 Jahre gebraucht, sondern nur drei Monate. Das hat keine Kopfschmerzen verursacht, kein Ringen, Bangen und Zögern - das war einfach purer Spaß. Nun wurde mir in der Kindheit beigebracht, dass nur harte Arbeit Belohnung verdient. Etwas, auf das so wenig Zeit und dann auch noch so viel Spaß verwendet wurde, das kann ja nichts sein. - Was dazu führt, dass ich mein eigenes Werk anzweifle. Obwohl ich es noch einmal gelesen habe und es eigentlich gut finde. Aber der Stachel sitzt im Fleisch und bohrt und zwickt und lässt mich selbst die eigene Leistung schmälern. Und darauf habe ich keinen Bock! Ich will stolz sein dürfen auf "Das Dorf am Grunde des Sees", ich will es feiern dürfen, vorbehaltlos. Eine Meinung besagt, das Thema des Buches läge zu sehr aus der eigenen Komfortzone. Eine andere Meinung hat Schwierigkeiten mit der weiblichen Hauptfigur, eine dritte Meinung sagt tolle Geschichte und eine vierte meint, die Sprache sei am Anfang schwierig, aber die letzten 10 Seiten wurden verschlungen. Warum ist mir die Meinung der anderen so wichtig? Weil es das ist, was meinen Motor am laufen hält? Weil ich dann gesehen werde? Und warum ist es mir so wichtig, wahrgenommen zu werden? Vielleicht weil Schreiben nun mal das ist, was ich am besten kann. Ich weiß, dass ich in meinem Beruf nicht in der obersten Liga mitspiele, ich weiß, dass ich eine schreckliche Hausfrau bin, aber Geschichten erzählen? Das kann ich. Und gleichzeitig weiß ich auch, dass ich mich so an diesen Strohhalm klammere, um nicht in der Bedeutungslosigkeit unterzugehen. Manchmal frage ich mich: wie geht das? Einfach leben? Ich wünschte mir ich könnte es - so ohne jeden Anspruch auf: Sieh mich! Erkenne mich! Wertschätze mich! Hab mich lieb! Ich wüsste gerne wie das geht, die Mitte in sich zu finden, die Zufriedenheit. Nicht mehr das Bedürfnis haben, anderen etwas beweisen zu müssen. Und eigentlich will ich mich einfach nur nicht mehr klein und mies und verletzlich und schwach fühlen. An solchen Tagen wie heute.
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AutorMme Augenfisch, Jahrgang 74, lebt und liebt sowohl Mann als auch den Salonlöwen in Düsseldorf. Archiv
Dezember 2023
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