Seit ein paar Wochen schon weiß ich, das etwas nicht mit mir stimmt. Das Lachen ist verschwunden, die Arbeit wurde zum Kampf. Das Aufstehen fiel schwer, das Durchschlafen vorher auch. Ich habe keine Freude mehr empfunden oder wenn, dann nur sehr kurz. Ein flüchtiges Aufwallen, dann war sie fort.
Dieses Mal kommt meine Krankheit ohne großes Drama daher. Nicht so wie früher. Wo ich weinend vor meinem Psychologen saß und um die Einweisung in die Tagesklinik gebeten habe, weil ich Angst hatte, mir etwas anzutun. Damals habe ich Verzweiflung gespürt, Gedankenkreisen, die große Spirale ums endlose Nichts. Diesmal ist es anders. Es ist als verschwände alles auf heimlichen Füßen, all das was mich ausmacht. Das Lachen. Die Neugier. Die Freude. Aber ohne Drama. Da ist kein Entsetzen, keine Selbstmordgedanken. Da ist nur die aufkeimende Frage nach dem Sinn des Ganzen und eine kühle Analyse beginnt eine Kosten-Nutzen -Rechnung zu erstellen. Aber auch das: ohne Drama. Und die Leere ist da, das Gefühl, hohl zu sein, ausgedörrt. Kraftlos. Und wiederum: kein Drama. Vielleicht fehlt mir auch nur die Energie für's Drama. Oder das Lithium macht seine Arbeit und dämpft alles um mich herum. Keine Ahnung. Mein Solarplexus schmerzt. Aber als ich am Freitag meinen Lithium Spiegel habe bestimmen lassen und Rezepte abholte, habe ich die Chance genutzt, um aus der Abwärtsspirale auszusteigen. Ich habe um Zeit gebeten. Zeit für mich. In der ich all das nutzen und ausprobieren kann, was ich während meiner Aufenthalte in der Tagesklinik gelernt habe. Es sind 7 Tage am Stück, die ich bekommen habe. Die Hälfte ist um und ich habe die bisherige Zeit damit verbracht, mein Wohnzimmer umzugestalten. Möbelrücken Sonntag morgens um 6:00 Uhr, ich weiß nicht was meine Nachbarn sich gedacht haben. Aber das war mir egal, ich konnte nicht anders. Jetzt ist es geschafft, nur noch Kleinigkeiten zu erledigen, wovon der überwiegende Teil aus Aufräumen besteht. Ab jetzt ist Ergo-Therapie dran, so wie ich mich daran erinnere. Wer weiß was dabei rauskommt? Selbstgenähte Tiere? Neue Bilder? Mandalasteine? Auf jeden Fall nach draußen gehen, Spazierengehen. Es ist schön da draussen, ich sollte mir einfach nur Schuhe umschnallen und dann losstiefeln. Aber das klingt leichter als es für mich ist. Ich flüchte vor dem Gedanken, sage mir tausend Sachen auf, die es noch in der Wohnung zu erledigen gilt, nur damit ich nicht den Kopf nach draussen stecke. Heute morgen musste ich bereits zum Hausarzt zur Blutabnahme, Diabtes-Gedöns eben. Die junge Arzthelferin unterdrückte ein Husten, ich wünschte ihr gute Besserung und allein nach dieser kurzen Interaktion kamen mir die Tränen. Also alles okay? Nein. Nichts ist okay, auch wenn es ohne großen Zirkus daher kommt. Aber eines hält mich aufrecht: das Empfinden, dass ich mich nicht mitreissen lassen will in den Strudel. Dass ich die Spirale nicht nach unten gehen will. Dass ich einfach keinen Bock mehr auf diesen ganzen depressiven Scheiß habe. Aber als bipolarer Mensch wirst du ihn nie ganz los, den Scheiß. Aber ich hatte ein gutes Jahr. Ein ganzes gutes Jahr. Das muss ich wertschätzen. Und damit das neue Jahr nicht schlechter wird als das alte, muss ich rechtzeitig auf mich achten. Aus. Zeit. Übrigens: Mein neues Lebensjahr wird mit einem Termin bei meinem Psychologen anfangen. Na Prost Mahlzeit.
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AutorMme Augenfisch, Jahrgang 74, lebt und liebt sowohl Mann als auch den Salonlöwen in Düsseldorf. Archiv
Dezember 2023
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