viel zu lange habe ich dir nicht mehr erzählt, was bei mir alles geschehen ist. Viel zu lange gab es kein Status update. Das möchte ich dringend nachholen.
Wo fange ich an? Gerne mit den beiden Ereignissen, die mich gefreut haben in der letzten Zeit. Das eine war der Einzug der neuen Küche - und du weißt ja, was das heisst. Arno und ich haben Glück gehabt - innerhalb einer Woche wurde die alte Küche demoliert, wurden die Wände bearbeitet und die neue Küche aufgebaut. Und es hat alles gut geklappt, kaum etwas, das schief lief - sehen wir mal von unserem tollen neuen Kühlschrank ab, der nicht kühlen will. Der Kundenservice ist informiert, der vorgemerkte Termin ist der 09. Februar oder früher. Worauf ich mich aber nicht verlassen will. Nur gut, dass es zur Zeit recht frisch ist, so dient uns der Balkon als Frischeraum. Die Wände erstahlen in einem dunklen Kieferngrün, der perfekte Grund für meine Bilder und meine neue Küchenfreundin - Mona Lisa. Und endlich, endlich habe ich einen Ofen! Wer hätte das gedacht, dass ich nach 15 Jahren Tischöfen einen richtigen bekomme? Kurzum, ich liebe diese Küche, ich bin verliebt. Ich gehe manchmal nur in die Küche um dort zu sein, mich um zu sehen. An Schubladen ziehen, Türen öffnen und schließen und sich an den sanften Scharnieren freuen. Es gibt hier kein Klappern und Türenschlagen mehr, alles ist soft und smooth und einfach nur schön. Ich habe Steffi mal gesagt, unsere Küche sei erwachsen geworden, und das stimmt auch. Ich habe sogar neues Geschirr bestellt, mit Glück wird es heute geliefert. Organische Form, tief grün gefärbt. Kraquele-Technik - Himmel, ich bin gespannt, wie es in Wirklichkeit aussieht. Aber genug von der Küche, es gab im alten Jahr noch einen Vorfall, der Grund zur Sorge machte, aber letztlich ein gutes Ende fand. Im Dezember hatte ich einige Male ein Gefühl der Beklemmung in der Brust, ein Mal war es sehr schmerzvoll und hielt lange an. Da habe ich Angst bekommen, habe das aber wieder verdrängt. Aber anscheinend nicht erfolgreich genug, denn irgendwann ist es mir Arno gegenüber herausgerutscht, dass ich mir Gedanken mache, dass da etwas nicht stimmt. Er wollte mich sofort zum Arzt schicken, ich habe gekämpft wie eine Löwin, dass ich das erst nach Weihnachten mache. Aber dann war ich auch so schnell wie möglich beim Arzt. Der hat mich ins Augusta geschickt und dort wurde nach einigen Untersuchungen der Herzkatheter verordnet. Gesagt, getan, ich kam auf den Untersuchungstisch, es wurde untersucht und gefunden: eine Verengung des Seitenwandgefäßes. Schon wurde ein Stent gesetzt und dann war das Problem repariert. Ja, das habe ich wohl doch irgendwann gelernt - dass man wirklich Hilfe suchen sollte, wenn es noch geht. Auch wenn es mich nicht gerade fröhlich stimmt, jetzt offiziell als Herzkrank zu gelten. Noch eine Schippe mehr auf alle meine Befunde und wieder drei Tablettensorten mehr in meiner Medibox. DA gibt es echt schöneres. Wie zum Beispiel meine Küche! Ich hatte gestern auf der Arbeit ein schönes Jahresendgespräch in einer sehr harmonischen und gelösten Atmossphäre und ich glaube, du wärest stolz auf mich, wenn du mich siehst. Ich bin angekommen in meiner Position. Ich weiß, wohin ich mich entwickeln will. Ich weiß um meine Stärken - jetzt. Als ich mich selber bewertet habe, war das nicht so, da war ich teilweise zu streng mit mir. Und es erstaunt mich immer wieder, was mein Gegenüber für einen positiven Eindruck von mir hat. Das zu hören, hat mir gestern echt ein paar locker sitzende (aber nicht kullernde) Tränchen beschert. Du wärest auch im Sommer stolz gewesen, als mein erster Roman veröffentlicht wurde. Als ich hier die Kiste mit Salzgras & Lavendel ausgepackt habe, war es mir, als würdest du mir über die Schulter sehen. Wahrscheinlich wärst du zu deiner Buchhandlung gegangen und hättest das Buch bestellt, um der Händlerin beim Abholen zu sagen, dass das von deiner Tochter ist. Es gibt so vieles, was gut gelaufen ist und von dem ich dir im hektischen Alltag nichts erzählt habe, aber auch so viele Einschränkungen, neue Regeln des allgemeine Miteinanders - Mami, du hättest die Pandemie nicht gemocht und ich bin froh, dass du das nicht erleben musst. Arno und ich halten es gut miteinander aus, viel hat sich in unserem Leben nicht geändert, wenn man es auf uns zwei herunterbricht. Insofern, naja. Pandemie findet vor der Haustür statt, unsere Wohnung ist ein sicherer Hafen. Ich glaube, ich schließe den Brief jetzt, ist ein bisschen viel geworden. Aber wie war das noch, wenn wir uns gesehen haben? Einen ganzen Nachmittag durchklönen konnten wir schon immer. Eines noch: Ich werde heute 47 Jahre alt. Ich mag die Zahl nicht besonders, weil die 7 so spitz ist. Aber vielleicht lerne ich sie zu lieben, wer weiß? Ich habe im Ohr, wie es wäre wenn du mich anrufen würdest, oder ich jetzt bei dir wäre. Du fehlst mir in diesem Moment so sehr. Manchmal möchte ich einfach wieder Tochter sein... Ich trage die Haare übrigens seit geraumer Zeit kurz. Jetzt, wo sie nachwachsen, sehe ich dir immer ähnlicher. Das ist manchmal irritierend, aber ganz oft einfach nur schön. Aber jetzt komme ich endgültig zum Schluß für heute. Ich hab dich lieb! Pass auf den Regenbogen auf und näh den Englein neue Kleider. Alles Liebe, Gabi
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AutorMme Augenfisch, Jahrgang 74, lebt und liebt sowohl Mann als auch den Salonlöwen in Düsseldorf. Archiv
Dezember 2023
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